Vorsichtige Kritik der Corona-Panik

Anmerkungen zu: Streeck, Püschel versus Drosten, Wieler im TV

Lieber R.,

ich schreibe schon seit gut einer Woche an einigen Einlassungen zum Thema „Die Linke und Corona“, aber das braucht bei mir, wie Du weißt, immer mehr Zeit, als der Sache vielleicht guttut. Darum schiebe ich diese Anmerkungen zu Deinem Hinweis auf die Sendung von Markus Lanz (vom 9.4. mit dem Bonner Virologen Hendrik Streeck und dem Hamburger Pathologen Klaus Püschel)[1] … jetzt sozusagen „dazwischen“.

Der Professor Streeck … war mir recht früh als einer der wenigen aufgefallen, die nicht unter Ächtung der Medien stehen, obwohl sie versuchen die Proportionen zu wahren (es gibt inzwischen von dieser Sorte noch ein paar andere, z. B. den Berliner Epidemiologen Stefan Willich). Bereits am 16.3. beendete Streeck ein auch ansonsten sehr informatives Gespräch mit der FAZ mit den Worten: „ … ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und sage: Es könnte durchaus sein, dass wir im Jahr 2020 zusammengerechnet nicht mehr Todesfälle haben werden als in jedem anderen Jahr.“

Er ist übrigens als Leiter der Virologie in Bonn der Nachfolger des derzeitigem deutschen Corona-Virus-Superstars Christian Drosten. In einer vorherigen Sendung von M.L. (am 1.4.) gibt’s eine Stelle (hier ab Min. 11:41), wo er sich etwas blumig und dennoch recht vielsagend zu seinem Kollegen Drosten äußert. Überhaupt hält er in dieser etwas früheren Sendung mit seiner alles in allem ziemlich kritischen Haltung zur Corona-Propaganda und -Politik, wie ich finde, noch etwas weniger hinterm Berg als in der Sendung vom 9.4. Insgesamt scheint mir, dass der Mann ziemlich klug und geschickt es darauf anlegt, den Coronaamok auszubremsen und zumindest den politischen baldmöglichst zu beenden. Das kann er nur, wenn er es strikt vermeidet, der Corona-Propaganda die Gelegenheit zu geben, ihn in die Ecke der angeblichen „Corona-Leugner“ und „Verschwörungstheoretiker“ zu stellen.

Das Schöne dabei ist, dass er es fertigbringt, nun wenigstens hin und wider im Spätprogramm oder im Feuilleton der auf „Seriosität“ (lies: Konformität) getrimmten Medien zentrale Argumente derjenigen zu platzieren, die, wenn auch meist keineswegs aus freien Stücken, längst in besagter Ecke stehen und mittlerweile von einigen ihrer Fans (ich zähle mich inzwischen durchaus dazu) schon das Label einer „Corona-Opposition“ verpasst kriegen; und das, ohne seinerseits dafür einen Shitstorm zu ernten (oder krieg ich da bloß was nicht mit, weil ich weder twittere noch facebooke?) bzw. unter mediale Quarantäne gestellt zu werden.

In der Sendung vom 9.4. beispielsweise (hier ab Min. 12:26) antwortet Streeck auf die Frage von Lanz, ob nicht „anders“ getestet werden müsste, dass die ganze Testerei keinerlei seriöse Grundlage für Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus liefere, sondern dass Tests einzig zu diagnostischen Zwecken in der Behandlung klinischer Fälle von Atemwegserkrankungen sinnvoll seien (vorher bereits, hier bei Min. 9:42, hatte er einmal kurz von einem „Fehler, den wir bisher gemacht haben, dass wir uns auf die Zahlen der Infizierten fixiert haben“ gesprochen). Der wahrhaft hanebüchene Unsinn, der mit den Zahlen der Coronatests getrieben wurde und leider, dem Herrn Streeck zum Trotz, unverdrossen weiterhin getrieben wird, war ein Kernargument Wolfgang Wodargs gegen den Corona-Alarm in den Medien und der Politik schon an dessen Beginn.

Und auch ein weiteres Kernargument der Corona-Verharmloser lässt Herr Lanz in dieser seiner Sendung dankenswerter Weise untermauern: Es gibt bislang offenbar keinen einzigen soliden Anhalts­punkt dafür, dass das Coronavirus für sich allein auch nur einen einzigen Toten auf dem Gewissen hätte. Diese in der „Corona-Opposition“ schon länger gestreute und nicht zuletzt durch das, was man inzwischen von Italien weiß, wohlbegründete Vermutung wird nun also auch durch die Ergebnisse der Obduktionen des Hamburger Pathologen Klaus Püschel gestützt.

Dass das neuentdeckte Virus an sich keine tödliche Gefahr darstelle für einen damit Infizierten, der ansonsten gesund ist, hat – jedenfalls bevor der ganze Irrsinn hierzulande losging – auch Drosten gesagt. Z. B. am 13.2. im Deutschlandfunk:

„Es ist eine Erkrankung, vor der man zum Beispiel ältere Personen schützen muss, und da muss man sich dann überlegen, wie man das auch organisiert, in der Familie beispielsweise. Das ist alles kein Hokuspokus. Man sollte sich nicht hingeben, irgendwelche Verschwörungstheorien zu lesen in sozialen Medien oder sich einlassen auf Vorstellungen, die vielleicht aus Hollywood-Katastro­phenfilmen kommen. So ist die Situation nicht.“

Und auch später, als schließlich, um die „Vorstellungen“ des Fernsehvolks bezüglich Corona auf Linie zu trimmen, die „Hollywood-Katastrophenfilme“ in der Tagesschau tagtäglich über die Mattscheibe flimmerten, hat er – ich habe allerdings längst nicht alle seine inzwischen wohl zahllosen Medienauftritte genau verfolgt – immer nur die Sorge gehabt, es könnte in naher Zukunft „auch“ (Italien lasse grüßen) in Deutschland zu einer Überlastung der Krankenhäuser kommen wegen zu vieler gleichzeitig infizierter gesundheitlich bereits angeschlagener Menschen, die das Virus dann gepackt haben würde.

Was den Virologen Streeck nun allerdings vom Virologen Drosten derzeit gravierend unterscheidet, ist der Umstand, dass Drosten maßgeblich den Test entwickelt hat, den die WHO inzwischen zum Standardtest im Umgang mit der von ihr ausgerufenen Pandemie erklärt hat und der jedenfalls hierzulande die Zahlen für die alltäglichen Wasserstandsberichte in Sachen Coronaflut liefert. Zahlen von denen Streeck nun sagt (mal sehen, wann er das womöglich in aller Form wieder zurücknehmen muss), dass die Berufung auf sie, um die jetzigen ziemlich einschneidenden Operationen an unserem Gemeinwesen zu rechtfertigen, im Klartext gesprochen der pure Nonsense seien. Einen Arzt, der einen solchen diagnostischen Unsinn bei einem Patienten triebe, müsste man sicher eines Kunstfehlers bezichtigen.

Herr Drosten scheint dazu, soweit ich sehe, zunächst lieber gar nichts zu sagen. Er widerspricht jedenfalls nicht, hat andererseits aber auch nie gegen den groben Unfug, der mit seinem Test getrieben wurde und wird, wenigstens Protest eingelegt. Und auch aus dem riesigen Corona-Panik-Fan­club, aus dem es an sich unverzüglich gegen alles loszuhecheln beginnt, was sein Treiben infrage stellt, ist nichts dazu zu vernehmen. Eine öffentliche Kontroverse über die Zentralachse, um die der ganze Irrsinn rotiert, über Sinn und Unsinn der Testerei zu rein statistischen Zwecken – klinische Konsequenzen haben die Tests nämlich nicht –, will das Panikorchester offenbar tunlichst vermeiden.

Eine Diskussion über die von Herrn Streeck vorgestellte Studie ist jetzt freilich dennoch losgebrochen, und auch Herr Drosten rümpft erkennbar genervt öffentlich die Nase darüber, was die Truppe seines Kollegen Streeck da so macht. Unter Beschuss liegt eine Zahl in der Studie von 15 Prozent der Untersuchten, die mittlerweile immun seien, weil sie die Infektion bereits hinter sich hätten und darum entsprechende Antikörper im Blut aufwiesen.

In die Details dieser Diskussion, zumal sie gerade erst angefangen hat und vielleicht noch das eine oder andere Interessante zutage fördern wird, mag ich mich jetzt nicht vertiefen. Aber ein von den Kritikern der Studie vorgebrachtes Argument finde ich dann doch jetzt schon beachtenswert: die Frage nämlich nach der Falsch-Positiv-Rate des verwendeten Antikörpertests, die Frage also, was man darüber weiß, wie oft der Test das Vorhandensein der gesuchten Antikörper anzeigt, obwohl sie nicht wirklich vorhanden sind, sondern vielleicht andere bloß ähnliche. Das ist in Tat bei jeder medizinischen Testerei eine wichtige Frage, und sie scheint, wie man sich denken kann, bei der Etablierung eines neuen Tests nicht im Handumdrehen zu klären zu sein, sondern erfordert wohl zeitaufwendige Prüfverfahren durch (womöglich mehrere) voneinander unabhängige Labore, Institute pipapo. Just darauf aber hatte in Bezug auf den von Drosten et alt. entwickelten Corona-PCR-Test sehr früh Wolfgang Wodarg hingewiesen, als er kritisiert hat, dass dieser Test nicht regulär validiert sei (näheres zur Problematik des Tests auf seiner Homepage hier, hier und hier).

Dass das so ist, stellt wohl auch niemand ernsthaft in Abrede. Die Studie der Entwickler des Tests, die ihn der Wissenschaftsgemeinde (wie dort üblich in Englisch) vorstellt, spricht das auch an: Es gehe darum, für den Fall eines öffentlichen Gesundheitsnotstands Diagnostik-Laboren ein Testverfahren zur Verfügung zu stellen, „before pre-formulated assays become available“, d.h. bevor regulär standardisierte Verfahren verfügbar sind.[2] Das mag ja sogar in Ordnung sein, sofern der Einsatz eines solchen noch nicht regulär validierten Testverfahrens auf einzelne klinische Fälle zu diagnostischen Zwecken beschränkt bliebe. Daraus aber ein zigtausendfach angewendetes Verfahren zu statistischen Zwecken und dann auch noch zur Grundlage dermaßen weitgreifender politischer Entscheidungen zu machen (von den medial damit massenhaft angerichteten mentalen Verheerungen gar nicht zu reden), das, denke ich, geht einfach gar nicht.[3] Und es scheint mir doch sehr bezeichnend, dass man aufseiten der Coronaphobiker, nachdem man jegliche Kritik an der Qualität der offiziellen Testerei entweder in Bausch und Bogen beiseite getan oder gleich ganz ignoriert hat, jetzt bei einem Test, der geeignet scheint, Daten zu liefern, die Phobie wenigstens etwas zu lindern, plötzlich pingelig wird.

Was im Übrigen den Streit um die (noch gar nicht abgeschlossene) Studie von Streeck et alt. angeht, so scheint dahinter nicht zuletzt ein politisches Gerangel zwischen Laschet und dem Kanzleramt zu stecken. Nachdem Merkel und ihr Stab soeben die Parole ausgegeben hatten, über Lockerungen werde bis zum 20. April (was für ein Datum!) nicht geredet, schrieb Laschet in einem Artikel in der WamS am 29.3.: „Der Satz, es sei zu früh, über eine Exit-Strategie nachzudenken, ist falsch.“ Man müsse jetzt „Maßstäbe für die Rückkehr ins soziale und öffentliche Leben … entwickeln, damit auch diese Entscheidung anhand transparenter Kriterien erfolgt.“ Laschet war es denn auch, der das Pressebriefing am 9.4. eröffnete, das die Zwischenergebnisse der Heinsberg-Studie vorgestellt hat.

Welche näheren politischen Absichten Laschet damit und überhaupt mit seiner leicht abweichenden Positionierung zu Corona womöglich verfolgt, weiß ich natürlich nicht und auch nicht, was der Merkel-Stab denn politisch dagegen haben könnte. Vielleicht aber will es auch einfach nur der Zufall, dass in Düsseldorfs Nähe mehr gesundheitspolitische Vernunft beratend zur Verfügung steht als in Berlin. Oder vielleicht doch gar kein Zufall? Vielleicht zieht ganz zwangsläufig das zurzeit weltweit hippe Berlin den auf den Ausnahmezustand versessenen Idiotismus so magisch an, dass sich dort kaum jemand mehr dem entziehen kann? Oder haben Pharma- und sonstige Gesundheitslobbys, die sich von dem Irrsinn irgendwas versprechen, sich allzu sehr auf Berlin konzentriert und anderswo die Zügel etwas schleifen lassen?

Nun ja, da ist jetzt jede Menge Raum für jede Menge Spekulationen; vernünftige und auch weniger vernünftige. Und wir (meine Liebste, ich und …?), die wir uns dem Corona-Irrsinn verweigern und nach Maß und Mitte in einer Angelegenheit suchen, die dabei ist, jedes Maß und jegliche Mitte zu verlieren, müssen – wie der wahrhaft tragische Fall der Beate Bahner zeigt – wohl höllisch aufpassen, nicht unsererseits zu Co-Irrsinnigen zu werden.

Bevor ich jetzt erst einmal aufhöre, noch eine Bemerkung zu Deiner mit dem Link auf das Video verknüpften Frage: „Ist Corona harmlos?“

Dass Corona „harmlos“ sei, sagt keiner von denen, die der Coronapanik entgegenarbeiten, Herr Streeck sowieso nicht, aber auch sonst jedenfalls keiner von denen, die man (ich) ernstnehmen kann. Auch nicht z.B. Dr. Wodarg. Das Coronavirus bzw. die Coronaviren sind so wenig harmlos wie etwa die zahlreichen Influenzavirenstämme, von denen einer oder auch mehrere gleichzeitig Jahr für Jahr über uns herfallen und Grippewellen hervorrufen, die jedes Jahr nicht wenig Todesopfer fordern. In Italien gingen im Winter 2016/217 (geschätzte; denn man hat damals nicht so exzessiv buchgeführt oder gar getestet wie jetzt wegen Corona) 25.000 Tote auf dieses Konto, und es gab keinen auch nur annähernd vergleichbaren Alarm wie jetzt wegen Corona, dem bislang auf fragwürdigste Weise etwa 20.000 Tote aufs Konto gebucht wurden. Dabei ist lange bekannt, dass das italienische Gesundheitswesen gründlich marode ist und es dürfte nicht allzu gewagt sein zu vermuten, dass viele jener 25.000 bei einer besseren Gesundheitsversorgung auch damals nicht hätten sterben müssen.

Nun noch der Hinweis auf eine website des Bahamas-Autors Thomas Maul auf der einiges Lesenswerte zu Corona verlinkt ist. Thomas Maul war mir in den Bahamas durch gute Texte zu den Medien- und Polit-Spektakeln wegen „Metoo“ und „Klimakatastrophe“ aufgefallen, zwei massenhaften Langzeit-Erregungszuständen (hier und anderswo), in denen meines Erachtens das Schnittmuster entstanden ist und erprobt wurde, nach dem jetzt – mit allerdings weitaus durchschlagenderem Erfolg – auch die-Kostümierung des Corona-Zirkus’ geschneidert ist.

Melde mich bald mit Weiterem zum Thema. Bis denne und bleibt alle gesund

Daniel



[1] Versehen mit der Frage „Is Corana harmlos? ca 30 Min bei Markus LANZ. Interessant!“ verwies die hier angesprochene Email unter https://www.youtube.com/watch?v=kQZG_V_T0NY auf ein Video, das inzwischen nicht mehr vefügbar ist. Aber es gibt den Audiomitschnitt der Sendung noch unter dem folgenden Link: https://www.youtube.com/watch?v=TqpzEGQx3DI. Der erwähnte Text über „Die Linke und Corona“ wurde zwei Wochen nach diesen Anmerkungen per Email herumgeschickt.

[2] Ergänzung vom 31.5.2020: Die Studie selbst macht allerdings sehr wohl eine Aussage zur Spezifität des Tests, gestützt darauf, dass bei 297 Proben mit anderen Viren als Sars-CoV-2 der Test kein einziges Mal positiv ausgefallen sei. Eine Aussage, die recht betrachtet jedoch den Mangel einer regulären Validierung des Tests nur unter­streicht, denn Tests mit einer Falsch-Positiv-Rate von Null Prozent, mithin einer Spezifität von 100 Prozent gibt es nicht, worauf denn auch frühzeitig hingewiesen wurde. Diese wissenschaftliche Grundwahrheit ignorierend und vielleicht auch mit der Uninformiertheit seines Publikums rechnend, hatte dagegen Drosten, als er im NDR-Coronaupdate (Folge 16 vom 18. März) angesprochen wurde auf die Kritik, die die Validität des Tests infrage stellte, wortreich bis zur Wirrnis auf einer 100-prozentigen Spezifität seines Test bestanden, ohne dabei ein Wort über das Ausstehen einer regulären Validierung zu verlieren. (Was ihn dabei motoviert haben könnte, dazu findet sich eine Überlegung in einigen von mir noch nachzureichenden „Aufschlüssen über Sinn und Unsinn der Coronatesterei“.)

[3] Näheres dazu, warum es wirklich gar nicht geht, demnächst in den (am Ende der Fn 2) erwähnten „Aufschlüssen ...“.

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