5. Die feudale ideologische Folie für den hässlichen Deutschen

Die ideologische Folie für die spezifische deutsche Hässlichkeit des 20. Jh. wurde im 16., 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nach und nach beschrieben. Um das Verständnis hierfür zu erleichtern, wird zunächst die Entwicklung der materiellen, sozio-ökonomischen und politischen Grundlagen skizziert.

Zur Übersicht Teil 1

Der Aufstieg der Seemächte Süd- und dann Westeuropas verlagerte die Gravitationsachse der Wirtschaftstätigkeit in Europa seit 1300 nach und nach vom Transitkorridor Heiliges römisches Reich deutscher Nation (HrRdN) – auf dessen nordwestlichem Teil sich Deutschland als Nationalstaat erst 1871 konstituierte – an die Küstenregionen Westeuropas. Die Ostseehanse und Norditaliens Stadtstaaten samt Levantehandel büßten ihre überragende Stellung ein.

In diesem Übergang zur Neuzeit konstituierten sich die großen westeuropäischen Völker. Die Schweiz, Niederlande, England und Frankreich entwickelten sich als erste zu modernen Nationalstaaten. Sie bildeten einheitliche nationale Territorien heraus, was die feudale Zerstückelung beendete. Die ökonomischen Kreisläufe der Provinzen wurden zu einem das gesamte nationale Territorium umfassenden Wirtschaftsraum verschmolzen. Systematisch wurde der Raum durch ein Straßen- und Kanalnetz erschlossen.

 

Es entstanden nationale bürgerliche Kulturen und Verkehrsverhältnisse. Getrieben wurde dieser Prozess vom Klassenkampf des ökonomisch aufgestiegenen Stadtbürgertums mit dem Feudaladel. Dessen vorübergehendes Resultat war der Übergang zur absoluten Monarchie, die den Bourgeoisien mit der Durchsetzung der Zentralisation bis hin zur Nation den Boden bereitete zur Entfaltung der Produktivkräfte der modernen bürgerlichen Gesellschaft.

Denn mit dem Aufkommen des westeuropäischen Manufakturwesens waren alle überkommenen Provinzmärkte viel zu klein für die ungeahnte Warenschwemme. Diese Massenproduktion, vor allem von Textilwaren, setze sich sogleich über die neu gesetzten nationalen Schranken hinweg und drängte auf den stürmisch wachsenden modernen Weltmarkt. Hiermit wurde der Außenhandel mit den anderen Nationen in der Phase des Merkantilismus zum zwischenstaatlichen Politikfeld.

 

Der feudale Flickenteppich des HrRdN verlor seit dem 16. Jh. den Anschluss an die bürgerliche Entwicklung Hollands, Englands und Frankreichs. Die Nord- und Ostseehanse und die süd- und mitteldeutschen Handelsstädte waren ökonomisch nur schwach mit einander verbunden.

Dies verstärkte zusätzlich den ökonomischen Bedeutungsverlust des HrRdN und brachte statt reicher Bürger, die den Kampf um ihre Interessen politisch im nationalen Rahmen gegen den Feudaladel auszufechten wagten, Verarmung und Verwüstung über das gesamte Territorium. Industrie, Landwirtschaft undHandel der im 11. bis 13. Jh. aufgeblühten Städte fielen in der Entwicklung zurück.

 

Missernten, Hungersnöte und große Pestepidemien hatten schon im 14. Jahrhundert die Bevölkerung Westeuropas stark dezimiert. Die Preise für landwirtschaftliche Produkte verfielen. Die Bauern Westeuropas gaben viele Flächen auf, die erst Jahrhunderte zuvor unter den Pflug genommen waren. Massen von Bauern wanderten in Westeuropa vom Lande ab und fanden in großem Umfang Arbeit in den entstehenden Manufakturen und den stark expandierenden Hafenstädten – insbesondere zwischen Seine und Zydersee entwickelten sich seit dem 11. Jh. erste städtische industrielle Formen der Tuchindustrie[1] – in England wurden Teile der umherwandernden proletarisierten Bauern in Arbeitshäuser gezwungen. Der Feudaladel suchte seine sinkenden Tributeinnahmen durch die Auspressung der letzten Reserven der Bauernmassen zu kompensieren. Im Klassenkampf gegen den Adel bildeten die (proletarisierten) Bauern den entschiedenen Stoßtrupp der entstehenden nationalen Bourgeoisien. Auf deutschem Territorium mit unterentwickeltem Manufakturwesen wurden die entwurzelten Bauern dagegen Beute allermöglichen marodierenden Tätigkeiten.

 

Die Ruinierung und extreme Auspressung großer Bauernmassen als zentrales Bewegungsmoment des kapitalistischen Übergangs zur Neuzeit[2] entlud sich in allen Ländern Europas schon seit Mitte des 14. Jahrhunderts und auf dem Territorium des späteren Deutschlands (erst nach 1500) unter religiösen Losungen in doppelgesichtigen Bauernrevolten. Sie waren Verteidigungsgefechte zur Senkung der Lasten feudaler Knebelung bis hin zur Forderung nach Aufhebung der Leibeigenschaft und gingen über in Vorhutgefechte der bürgerlichen Revolutionen.

 

Im Gegensatz zum westeuropäischen Bürgertum waren die deutschen Stadtbürger auf Grund des anhaltenden wirtschaftlichen Rückgangs zu schwach, eigene politische Interessen gegenüber dem Adel überhaupt gemeinsam vor zu bringen, geschweige denn aktiv mit den Bauernmassen im Rücken vorwärtstreibend in die Geschichte einzugreifen. Vielmehr duckten sich die deutschen Stadtbürger weiterhin unter die feudalen Provinzfürsten.

 

Die Niederlage der Bauern im Bauernkrieg 1525 markiert den Kulminationspunkt des Entwicklungsgang Deutschlands in der anbrechenden Neuzeit. Das käufliche Kaisertum als Ausdruck des Geschachers einer Vielzahl von Zwergreichen im Rahmen des HrRdN war im Gegensatz zu den westlichen erblichen Monarchien im Übergang zum Absolutismus nicht stark genug, die Zentralisation Deutschlands in Angriff zu nehmen. Und die isolierten Bauernaufstände waren ungeeignet, die zentrifugalen Tendenzen des herrschenden Feudaladels zu beseitigen.

Dieser vermochte die Niederlage der Bauern und die Schwäche der Stadtbürger zu nutzen, sich zu modernisierten absolutistischen Zwergfürstentümern zu mausern. Die feudale Zerstückelung des HrRdN war danach über Jahrhunderte der politische Hebel der aufkommenden und sich abwechselnden kapitalistischen europäischen Großmächte, das HrRdN als Manövriermasse ihrer eigenen nationalen Hegemonie-Interessen einzusetzen. Allerdings konnte das HrRdN nur „Opfer“ der anderen werden, weil das Haus Hohenzollern spätestens ab 1700 nach seiner Selbstkrönung als König von Preußen verbissen um die Führung des Flickenteppichs und um den Sieg über die Habsburger- Monarchie kämpfte.

 

Vorstehende Akzentsetzung des politischen und ökonomischen Gegensatzes der Entwicklung der Klassenkämpfe in Deutschland zu derjenigen der westeuropäischen Länder am Ausgang des Mittelalters im Übergang zur Neuzeit eröffnet zugleich einen Einblick in die ideologische Entwicklung Deutschlands im Unterschied zu jenen Ländern. Bezüglich der sich gegenwärtig erneut abzeichnenden deutschen Hässlichkeit wurde schon skizziert, dass und wie die nationale Ideologie nach der hier geltend machenden Geschichtsauffassung nur der gedankliche Widerschein der ökonomisch-sozialen und politischen Verhältnisse sein kann. Diese gesellschaftlichen Verhältnisse sind die sich stetig ändernde Resultante der laufenden Klassenkämpfe innerhalb einer Nation und deren Außenbeziehungen zu anderen Nationen.

 

Zentral für das ideologische Feld des 15. und 16. Jh. war der historische Zusammenhang der frühbürgerlichen Revolutionen in Europa mit der Reformationsbewegung.[3]. Der bis dahin in West- und Mitteleuropa das ideologische Feld beherrschende Katholizismus fasste das Leben des Individuums nur als von Gott schicksalhaft bestimmte irdische Pilgerfahrt. Für diesen Kultus der Agrikultur galt, dass der Mensch sein Brot im Angesicht seines Schweißes essen muss.

 

Für die Stadtbürger der (Nach)Renaissance wurde menschheitsgeschichtlich erstmals der Mensch zum Maß aller Dinge. Es gründeten und begründeten sich in vielen europäischen Ländern unterschiedliche reformatorische Strömungen in Abstoßung von Rom, je nach Verlauf und Resultat der nationalen Klassenkämpfe. Allen war gemeinsam, dass das Individuum aus seinem göttlichen Schicksalsglauben gelöst zum Subjekt in eigener Verantwortung vor Gott erhoben wurde.

Die westliche Strömung des Calvinismus trug das Banner der dortigen frühbürgerlichen Revolutionen und war die tragende Ideologie vor allem der ersten Aufstiegsperiode des Kapitalismus während der holländischen Weltmachtstellung von 1560 bis 1650. Seine Kernaussage Wer auf Erden reich, ist auch im Himmelreich rechtfertigte jedwede Ausbeutung in den Kolonien wie zu Hause und bestätigte das bürgerliche Subjekt in seiner merkantilen Geschäftstüchtigkeit.

 

In Deutschland setzte sich entsprechend der desaströsen Verlaufsform der frühbürgerlichen Revolution das Luthertum als die rückwärtsgewandteste reformatorische Strömung durch. Und zu Luther müssen wir zurück, wenn wir die deutsche Ideologie begreifen wollen, da er paradigmatisch Ressentiments seiner Zeit aussprach und zuspitzte, die in gewandelter Form Kontinuitäten bis heute aufweisen.

  

Als erstes ist der schroffe Widerspruch herauszuarbeiten zur vorher genannten calvinistischen Feier des Geldmachens als Zeichen von göttlicher Gnadenwahl. Der alte Luther, enttäuscht, dass die Juden ihn nicht als neuen Paulus sehen und seinem Kult nicht folgen, lässt in seinen Tischreden den überkommenen Bildern und herrschenden Vorstellungen des mittelalterlichen Antijudaismus freien Lauf. So sieht Luther die Rollenverteilung des deutschen Daseins:

“....die Unterthanen müssen Geld zu geben und sich schinden lassen für die Juden..”[4]

 

Es sind demnach nicht die Deutschen, die Geld machen und Zins[5] nehmen, sondern die Juden.

Also, die fleißigen Deutschen auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Juden, die uns Rechtschaffene aussaugen. Im Opfer-Täter-Schema: wir rechtschaffene, arbeitsame Deutsche sind die Opfer, die Fremden raffgierigen, arbeitsscheuen, genießenden Juden sind die Täter.

 

Luther baut hier einen bis heute fatal wirkenden sich ausschließenden Gegensatz auf zwischen “deutscher” Arbeit und unterstellter jüdischer Existenzvorsorge. Die Überhöhung der Arbeit – sei es Fron-, Lohn-, oder tributzahlende Arbeit freier Bauern, Handwerker, Handelstreibender – zu deutscher Tugend hat ihre ideologische Basis in einem Bruch Luthers mit der damals 2000-jährigen europäischen Denktradition.

 

Luther bricht mit der althergebrachten Auffassung von Arbeit als Mittel zum Leben, als Fluch der Notwendigkeit nach der Vertreibung aus dem Paradies. Bei dieser Auffassung gerät der Sündenfall, das Pflücken und Essen des Apfels vom Baum der Erkenntnis und damit der Teufel als Gottes Gegenspieler zur Ursache des Fluchs der Arbeit. Bei Luther wird Arbeit hingegen zum Bestandteil des biblischen Schöpfungsauftrags selbst: zu Segen, Gebot, Pflichterfüllung, jedwede Arbeit wird zum Gebet, zum Gottesdienst, zum höchsten Mittel, Gottes Gnade zu finden. Über diese Vermittlungsketten wird Arbeit bei Luther zum Selbstzweck verdreht. Was die Ächtung von Müßiggang, Laster, Bettelei impliziert. Diese höchste Wertschätzung der Arbeit wird als wichtigstes deutsches Charaktermerkmal gesetzt.

 

Luther‘s Aufwertung der Arbeit setzt sich zwar zeitgerecht vom alten unerforschbaren Plan Gottes ab und bewegt sich hin zur christlichen Verantwortung des Einzelnen, so wie es übrigens überall im Zuge des aufkommenden Industriekapitalismus in Westeuropa zur Aufwertung der Arbeit kam – wie anschließend skizziert wird.

 

Doch Luthers Bewertung der Arbeit als Mittel der Erziehung, als Eigenwert, impliziert gleichzeitig die Verurteilung der kapitalistischen Form der Arbeit des Gewinnstrebens und Eigennutzes. Die Merkmale der “deutschen” Arbeit stehen als positiv gefasste Eigenschaften (schwere, einfache Handarbeit, fleißig, ehrlich) zu dem negativ belegten jüdischen Dasein (arbeitsscheu, müßiggängerisch, verschlagen). Die Charakterisierung der “deutschen” Arbeit bildet mit dem den Juden als Personifikation zugewiesenen Wucher eine untrennbare ideologische Einheit aus sich gegenseitig ausschließenden Bestimmungen von Arbeit und “Nichtarbeit”.

 

Als zweite und dritte zentrale Elemente von Luthers Beitrag zur deutschen Ideologie gilt es die religiöse Verklärung der Knechtschaft durch den Rückzug auf die innere Freiheit festzuhalten. Luthers deutsche Arbeitsideologie und Verteufelung des Geldmachens waren Elemente seines Kampfes für die Absicherung der Feudalherrschaft. Hierzu füllt er das Deutschtum mit zwei weiteren grundlegend zusammenhängenden reaktionären ideologischen Herrschaftselementen auf.

 

Luther verknüpft Deutschtum unlösbar mit charismatischen Führergestalten. Zugleich bricht Luther ebenfalls erstmals in der damals 2000-jährigen europäischen Denktradition mit der Einheit von innerer und äußerer Freiheit. Er propagiert die inwendige Freiheit des Christenmenschen als Einheit im Gegensatz und Einklang mit seiner gelebten äußeren Knechtschaft in absolutem Gehorsam gegenüber dem gottgewollten Herrscher.[6]

 

Selbst der Humanismus, der als säkulare Bewegung in Westeuropa zur ideologischen Speerspitze der bürgerlichen Entwicklung, ihrer Kultur, Wissenschaft und zur Herausbildung des Nationalbewusstseins führte, wurde in Deutschland religiös zurückgebogen.

 

Deutschland verlor den Anschluss an die kulturelle Entfaltung Westeuropas der Neuzeit, seine Intelligenz wie die Massen verharrten im provinziellen „Sumpfartigen“ und der „Miserabilität “ des ausgehenden Mittelalters. Die lutherische rückwärtsgewandte religiös verbrämte Herrschaftsideologie entsprach der materiellen Grundlage und den daraus resultierenden sozial-ökonomischen Verhältnissen der deutschen Stadtbürger[7]:

„Erstens die unerhörte Kleinlichkeit, Enge, Horizontlosigkeit des Lebens in den kleinen deutschen Fürstentümern im Gegensatz zu dem in England oder Frankreich. Zweitens – damit nahe verbunden - die viel größere, handgreiflichere Abhängigkeit der Untertanen vom Monarchen und von seinem bürokratischen Apparat, den viel eingeengteren objektiven Spielraum zu einem ideologisch oppositionellen oder nur kritischen Verhalten als in den westlichen Ländern.“[8]

 

Karl Marx zieht 1844 sein Fazit der deutschen Geschichte seit 1500 wie folgt und prognostiziert Ungutes ahnend anschließend:

„Allein wenn Deutschland nur mit der abstrakten Tätigkeit des Denkens die Entwicklung der modernen Völker begleitet hat, ohne werktätige Partei an den wirklichen Kämpfen dieser Entwicklung zu ergreifen, so hat es andererseits die Leiden dieser Entwicklung geteilt, ohne ihre Genüsse, ohne ihre partielle Befriedigung zu teilen. Der abstrakten Tätigkeit einerseits entspricht das abstrakte Leiden andererseits. Deutschland wird sich daher eines Morgens auf dem Niveau des europäischen Verfalls befinden, bevor es jemals auf dem Niveau der europäischen Emanzipation gestanden hat.“[9]

 

Mit der Beschreibung der ideologischen Folie durch Deutsche Arbeit versus Geldmachen, Führerkult und Untertanengeist als sich modifizierende Kontinuität der deutschen Geschichte – gerade in den vergangenen zwei Phasen des hässlichen Deutschen – soll der historische Knotenpunkt der Deutschen Ideologie hinreichend skizziert sein.



[1]    Vgl. zur Entwicklung Europas: Braudel, Fernand (1985): Aufbruch zur Weltwirtschaft – Sozialgeschichte des 15.-18. Jahrhunderts, Band 2, Kindler:

Zu Flandern und den Niederlanden nach 1600, siehe: August Thalheimer, die Klassenverhältnisse und die Klassenkämpfe in den Niederlanden zur Zeit Spinozas (1928) http://www.mxks.de/files/klasse/Thalheimer.KlassenverhSpinoza.html

 

[2]    Für England stellt Marx diesen von den bürgerlichen politischen Ökonomen ursprüngliche Akkumulation genannten Prozess der massenhaften Trennung der Bauern von ihrem Boden ausführlich im Kapital Band I, letzter Abschnitt dar. Dadurch entstand überhaupt erst einerseits der doppelt freie Lohnarbeiter als Voraussetzung des Kapitalismus. Doppelt frei soll hier heißen, frei von Produktionsmitteln und frei von feudaler Knechtung. Zweitens wurden die Arbeitsprodukte der Landwirtschaft, die vorher von den Bauern zur Existenzsicherung verbraucht wurden, zu Kapital umgewandelt. Daher der Begriff ursprüngliche Akkumulation. Ein brutaler geschichtlicher Prozess, der weltweit noch immer im Gange ist. 

 

[3]    Siehe: Manfred Kossok, Wider den Antichrist - Zur frühbürgerlichen Revolutionsperiode in Europa; in: IN TYRANNOS; Berlin (1989); Der Übergangscharakter des 15. und 16. Jahrhunderts in Europa wurde als »Herbst des Mittelalters« (Johan Huizinga) und »Morgenröte des Kapitalismus« (Karl Marx) aufgefasst.

 

[4]    In: Dr. M. Luthers Werke Abt.1 Bd.53; Weimar, Böhlau 1920, S.526, Von den Jüden und ihren Lügen; Die Stelle lautet im Zusammenhang:

„Ich höre sagen, dass die Jüden grosse summa geldes geben und damit den Herrschaftten nütze sind. Ja, wo von geben sie es? Nicht von dem iren, Sondern von der Herrschafft und Unterthanen güter, Welche sie durch Wucher stelen und rauben. Und nemen also die Herrschafften von iren Unterthanen, was die Jüden geben, das ist: die Unterthanen müssen geld zu geben und sich schinden lassen für die Jüden, damit sie im Lande bleiben, getrost und frey liegen, lestern, fluchen und stelen können. Solten die verzweivelten Jüden des nicht in die faust lachen, das wir uns so schändlich essen und nerren lassen und unser gelt geben, das sie im Lande bleiben und alle boßheit treiben mügen, über das noch reich dazu werden von unserem schweis und blut. Wir aber arm und von inen ausgesogen werden?“

 

[5]    „Es ist das Eingewachsensein des Zinses in das Geldkapital als in ein Ding, was Luther in seiner naiven Polterei gegen den Wucher so sehr beschäftigt“, schreibt Marx (MEW 25, S. 407) dort, wo er das zinstragende Geldkapital als die reine Fetischform des Kapitals herausarbeitet. Denn im Geldkapital, das scheinbar aus sich selbst heraus gottgleich den Zins als neues Geld gebiert, ist jede Beziehung zum Produktionsprozess ausgelöscht. Hierdurch wird verschleiert, dass sich der industrielle Profit in Zins und Unternehmergewinn aufspaltet, der Zins also ein Bestandteil des formgewandelten Mehrwerts ist.

 

[6]     Vgl.: Franz Neumann; Behemoth, Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933–44, 1942

 

[7]    Die Größenordnung der Städte spricht für sich: um 1500 ca. 3000 Städte, davon 12 bis 15 größer als 10 Tsd. Einwohner, 15 bis 20 zwischen 2 und 10 Tsd. die meisten Städte zählten zwischen 100 und 1000; genaue Zahlen gibt es nicht, die Angaben für die damalige Gesamtbevölkerung schwanken zwischen 9,5 und 12,5 Mill.

 

[8]    Georg Lukács, Die Zerstörung der Vernunft - Erstes Kapitel: Über einige Eigentümlichkeiten der geschichtlichen Entwicklung Deutschlands (original - Budapest - Januar 1953)


[9]    In: Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, MEW Band 1

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